THE TRUE SIZE OF AFRICA. Ausstellung in der Welterbestätte Völklinger Hütte

THE TRUE SIZE OF AFRICA - Website
Die Webseite der Ausstellung

Die Welterbestätte unter dem Generaldirektor Dr. Ralf Beil hat sich Großes vorgenommen.

Die Ausstellung THE TRUE SIZE OF AFRICA erprobt Annäherungen, die Denktraditionen, Vorurteile und Stereotypen aufspüren und neue Sichtweisen ermöglichen – mittels Kulturgeschichte und Gegenwartskunst, durch stetige Perspektivwechsel und künstlerische Vielstimmigkeit. Ein hochgestecktes Ziel. Ob es funktioniert wird sich schwer nachweisen lassen. Wie bei allen anspruchsvollen Ausstellungen dieser Art wird sehr viel angeboten, aber ob die Vielfalt der eingesetzten Medien genutzt wird? Zweifel sind angebracht. Beim Besuch konnte ich beobachten, daß nur Wenige den „Mediaguide“ nutzten. Kinder, Jugendliche, erfahren mit der modernen Technik, hörten sich die Musik passend zu den Bildern auf den Monitoren an. Nicht immer erschien auf dem „Mediaguide“ die gerade passende Information. An den Vitrinen waren, klassisch, „Legenden“ angebracht, aber nur mit den minimalen Informationen. Vom Aufbau her also keine textlastige Präsentation. Ohne die zusätzlichen Inhalte auf dem „Mediaguide“, allerdings, erschließt sie sich nicht.

Auf dem Orientierungsblatt für die BesucherInnen wird es freiweg formuliert:

Die Präsentation hat im Grunde zwei Teile, zum einen ein „Museum der Memorability“ – also eine Ausstellung der Erinnerungskultur in Bezug auf den speziell deutschen Kolonialismus in Afrika und dann zum anderen eine Auswahl von Arbeiten von Künstlern afrikanischen Ursprungs aus der ganzen Welt, wenn auch vorwiegend aus Afrika. 

Was dürfte also „hängen“ bleiben beim Publikum? Bleiben wir bei den Kunstwerken. Der Platz machts möglich. Großzügige Hängeflächen sind vorhanden, die Werke können sich entfalten und eindrucksvoll zur Wirkung kommen. Von daher eine grandiose wirkungsvolle Ausstellung. Es liegt auch daran, daß eine Reihe von teilnehmenden Künstlern über längere Zeit hin am Ort, vor Ort quasi, eigens für diese Ausstellung ihre Arbeiten entwickeln konnten. Das merkt man und das ist eine der Stärken des Konzepts des Kurators. Die Hütte ist nicht einfach nur Kulisse, sondern wird miteinbezogen. Und nicht nur die Hütte als Bauwerk, auch das Saarland als Umfeld. Vitrinen zeigen Exemplare der früheren Betriebszeitung mit relevanten Texten zur kolonialen Ausbeutung und es hängen lokale Plakate  mit ausländerfeindlichen Themen aus der NS-Zeit.

Selbst das Material, das einige Künstler nutzen steht im Zusammenhang mit der Hütte, so der rote Staub des Eisenerzes, Eisen, Metallschrott und auch Kohle. Auch musikalische Kreationen nehmen Bezug auf die Arbeit. Das bekannte Steigerlied wird zur Inspirationsquelle für eine Komposition, die uns sozusagen nach „Afrika“ hineinbegleitet und zugleich akustisch die Auswirkung der Missionstätigkeit hörbar macht. Vom Krach, der in der Hütte war, ist ja nichts mehr zu vernehmen, so naheliegend also, das nervtötende Geräusch von Transportbehältern an einem bestimmten Ort klanglich wieder ins Gedächtnis zu bringen.

Diese Klanginstallation von Emeka Ogboh soll erfreulicherweise auch bleiben. Schade, daß etliche der anderen Objekte der Ausstellung mit ihrem Ende wieder aus der Hütte verschwinden werden. 

Die Verbindung der Eisenverhüttung mit Kolonialismus und Krieg hätte sich gut für eine Dauerpräsentation geeignet.

Der Vielzahl der Kunstwerke von rund dreißig KünstlerInnen kann ich hier jetzt nicht gerecht werden. Es sind alle Medien vertreten, neben den schon erwähnten akustischen Arbeiten, sind großformatige Videoinstallationen, Video-Clips, großformatige Photographien, Gemälde mit unterschiedlichsten Techniken, „mixed media“ Installationen zu bewundern. 

Die Herkunft der Kunstschaffenden entspricht dem Ansatz der Aussteller, dass es sich bei „Schwarzer“ Kunst um ein globales Phänomen handelt. Sie kommen also aus den USA, Kuba, Indien, Großbritannien, Frankreich, Niederlande, Belgien und Deutschland, teils direkt oder indirekt mit Ländern auf dem afrikanischen Kontinent verbunden, wie u.a. aus dem Senegal, Cote d’Ivoire, Nigeria, Kamerun, dem Kongo, Südafrika, Namibia und Kenia, aber auch aus Äthiopien. Darunter gibt es viele neue Namen zu entdecken. Nur einen geringen Anteil bilden Künstler, die bereits seit Jahren zu den „Standards“ der Moderne Afrikas zählen, wie etwa Yinka Shonibare (Nigeria, London), William Kentridge (Südafrika) und Sokari Douglas Camp (Nigeria, London).

Der Katalog zur Ausstellung ist ein 500 seitiges Buch, wiegt mehrere Kilos und ist denkbar schlecht mit in die Ausstellung zu nehmen. Andererseits ist es ein wertvolles bleibendes Kompendium zur Geschichte des Kolonialismus in Afrika in Bezug auf Deutschland und eben auch besonders im Hinblick auf das Saarland.

Das Katalog-Buch ist äußerlich ein editorisches Glanzstück und übertrifft alle bisherigen Ausgaben mit ähnlicher Thematik. Nur lassen die von einem besonderen Team verfaßten Zwischentexte teilweise an (wissenschaftlicher) Genauigkeit missen, was sehr schade ist und einen gewissen negativen Kontrast zur Aufmachung bildet. 

Da die Ausstellung nur noch bis Mitte August zu sehen ist, ist zur Eile geraten, da sie ja wohl nirgends mehr in dieser Form zu sehen sein wird. 

THE TRUE SIZE OF AFRICA kommt in den Hallen und Kellern der einmaligen, eindrucksvollen Welterbestätte Völklinger Hütte positiv zum Tragen. 

Noch bis zum 17.8.25.

Author: Wolfgang Bender

Founder of Ntama